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Medienhäuser setzen zunehmend Künstliche Intelligenz (KI) zur Produktion von Nachrichteninhalten ein. Die Lancierung von generativer KI wie ChatGPT hat dieser Entwicklung weiter Auftrieb verliehen. Wie das Schweizer Publikum zu KI-produzierten Medienbeiträgen steht, hat das fög nun erstmals anhand einer repräsentativen Befragung untersucht.
Nur knapp ein Drittel (29%) der Befragten würde Beiträge lesen, die vollständig von KI geschrieben wurden. Bei Texten, die von Medienschaffenden ohne den Einsatz von KI geschrieben wurden, sind es hingegen 84 Prozent. Die Akzeptanz variiert je nach Themenbereich: Bei News zu Wetter, Sport und Börsenkursen oder bei Softnews zu Celebrities könnten sich die Befragten eher vorstellen, KI-generierte Beiträge zu lesen. Bei Nachrichten zu Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur hingegen ist die Akzeptanz entsprechender Beiträgen deutlich tiefer.
Deutlich mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung (61%) nimmt an, dass sich die Qualität der Berichterstattung insgesamt verschlechtert, wenn KI vermehrt das Schreiben von Beiträgen übernimmt. Über 80% der Befragten wollen so auch, dass Inhalte, die vollständig oder teilweise mit KI erstellt wurden, deklariert werden. Bisher sind die Schweizer Medienhäuser damit allerdings zurückhaltend. Es fehlen branchenweite Standards. «Schweizer Medienhäuser sollten der Deklaration von KI einen höheren Stellenwert einräumen», sagt Medien-Experte und fög-Direktor Mark Eisenegger. «Nur so kann sich der Journalismus von der wachsenden Anzahl unseriöser Angebote abgrenzen, die auf generative KI setzen.»
Nur rund 10% der Befragten wären bereit, für Medienbeiträge zu bezahlen, die vollständig mit KI geschrieben wurden. Bei Beiträgen, die von Medienschaffenden ohne KI geschrieben wurden, sind es mehr als zwei Drittel. Neben den erwarteten Qualitätsdefiziten könnte ein Grund für die geringe Zahlungsbereitschaft bei KI-produzierten Inhalten sein, dass eine Mehrheit der Befragten den Einsatz von KI mit Kosten- und Zeitersparnissen für die Medienhäuser verbindet. Eine deutliche Mehrheit der Befragten findet aber, dass Medienunternehmen von KI-Anbietern entschädigt werden sollten, wenn diese für ihre automatisch generierten Antworten auf journalistische Inhalte zurückgreifen. «Das ist ein wichtiger Befund, auch im Hinblick auf die aktuelle medienpolitische Debatte zu Urheber- und Leistungsschutzrechten», erklärt Mark Eisenegger.
Der Journalismus in der Schweiz steht vor weiteren Herausforderungen: Die Nutzungsgruppe der News-Deprivierten, die kaum noch News konsumiert, wächst weiter und umfasst nun 43% der Schweizer Bevölkerung. Fragt man nach der Art von News, für die sich Schweizerinnen und Schweizer interessieren, nennen viele den «positiven» oder «konstruktiven» Journalismus, der positive Nachrichten aufgreift bzw. nicht nur Probleme darstellt, sondern mögliche Lösungen diskutiert. Ein Ausbau des konstruktiven Journalismus könnte daher einer zunehmenden News-Deprivation entgegenwirken.
Trotz der strukturellen Schwierigkeiten im Journalismus gibt es auch positive Befunde. Die langfristige Messung der Medienqualität im Jahrbuch zeigt, dass diese im aktuellen Untersuchungsjahr einen neuen Höchststand seit 2015 erreicht hat. Dazu beigetragen haben die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg. Aufgrund der Themenlage nimmt die Relevanz der Berichterstattung wie bereits in den Vorjahren zu, weil die Medien stärker auf Politik fokussieren. Schweizer Medien bieten zudem auch auf TikTok und Instagram eine relativ gute Qualität. Zwar gewichten sie Softnews auf beiden Plattformen stärker und bereiten die Inhalte emotionaler auf. Da für Instagram und TikTok wenige Beiträge spezifisch aufbereitet werden, haben sie in der Summe aber eine höhere Einordungsleistung als Inhalte auf der Website, die einen Newsvollservice anbieten.
Das Jahrbuch Qualität der Medien 2023 und die Vertiefungsstudien sind auf www.foeg.uzh.ch erhältlich.